W. H. Audens letztes Auto: Der VW Käfer als Installation

Das wichtigste Vehikel für die Mobilität des Dichters vor Ort war sein privater PKW.

letztes auto von w. h. Auden

Mit diesem Fahrzeug holte Auden regelmäßig Gäste vom Bahnhof ab, erledigte seine Einkäufe und fuhr mehrmals pro Woche zum Wirtshaus bei der Kirche, um zu telefonieren, da er selbst über keinen eigenen Apparat verfügte.

Auch andere kamen in den Genuss des Fahrens: Als Auden im Herbst 1961 nach New York aufbrach, überließ er den Käfer seinem Liebhaber, einem aus Wien stammenden Prostituierten und Kleinkriminellen namens Hugo, der allgemein Hugerl genannt wurde.

Dieser nutzte das Auto auf seine Weise: Gemeinsam mit anderen verübte er eine Serie von Einbrüchen, u. a. auch in Audens Haus, stets unterwegs im geborgten Auto.

Verfolgungsrennen mit der Polizei

Die Einbruchstour endete der Überlieferung zufolge bei einem Verfolgungsrennen mit der Polizei, wobei der Wagen Schaden nahm. Auden verzieh seinem Geliebten, der aufgrund der Taten ins Gefängnis musste, großzügig und stellte ihm einen Anwalt zur Verfügung.

Nach verbüßter Haft nahm Auden Hugerl wieder als Gast in Haus und Bett auf und schenkte ihm das von der polizeilichen Verfolgungsjagd in Mitleidenschaft gezogene Gefährt. Für Hugerl kein Problem, war er doch gelernter Automechaniker.

Auch Audens Partner Chester Kallmann hatte seine Affären: die wohl einschneidendste mit einem jungen Griechen namens Yannis Boras, der ungefähr zur selben Zeit in Kirchstetten aufschlug, als sich die Sache mit Hugerl ereignete.

Der junge Grieche konnte im Gegensatz zu Chester Auto fahren, deshalb borgte Auden ihm sein eigenes neues Auto für diverse Ausfahrten. Tragischerweise verunglückte Borasbei einem Zusammenstoß mit einem LKW in der Nähe von Wien im Dezember 1968, als er sich mit dem Auto auf der Heimreise nach Griechenland befand.

Audens letztes Auto, ein VW Käfer des Baujahrs 1971, verblieb nach dem Tod vor Ort und wurde langeZeit privat genützt. Um die Jahrtausendwende kam es in den Besitz der Gemeinde, die es als Erinnerungsobjekt aufbewahrte und später für das von der Kuratorin Ricarda Denzer durchgeführte Projekt „Silence Turned into Objects“ (2014) zur Verfügung stellte.

„Silence Turned into Objects“

Die Garagen-Installation auf dem Gelände des Bahnhofsparkplatzes markiert gleichsam das Ende der Reise:

Der VW Käfer wird hier nach einem Entwurf des Ausstellungsgestalters Peter Karlhuber, der auch schon für die Neugestaltung des Auden-Museums 2015 verantwortlich zeichnete, als Wahrzeichen derAnwesenheit eines Dichters aufgestellt.

Der Käfer steht auch als Zeichen für die Mobilität als Lebensform des Weltbürgers Auden, der bis zuletzt als Reisender in Sachen Poesie zwischen Kirchstetten, New York und seiner alten Heimat England pendelte.